Bence

Ich habe meinen Vorstellungstext für die Website geschrieben – und dann gleich wieder überarbeitet. Nachdem meine Kolleg:innen sie gelesen hatten, kam die Rückfrage: "Okay, wir verstehen, das sind deine Pläne, aber hast du auch etwas über dich selbst geschrieben?" :D Und sie hatten Recht. In meinem Kopf kreisen ständig tausend Ideen, und meistens konzentriere ich mich ganz auf das, was noch vor uns liegt. Dabei vergessen wir manchmal, wie viel wir schon gelernt und wie viele schöne Projekte wir bereits abgeschlossen haben – Projekte, worauf wir wirklich stolz sein können.
In den letzten Jahren haben wir an zahlreichen besonderen Projekten gearbeitet. Wir haben alte, beeindruckende Baumveterane gepflegt oder sogar gerettet – Bäume, von denen ich früher nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Manche Projekte waren so komplex, dass die Vorbereitung – vom ersten Gedanken bis zur Materialbeschaffung – mehr Zeit beanspruchte als die eigentliche Ausführung.
Was ich besonders spannend finde: Wie viel wir aus der Pflege alter Bäume lernen – und wie wir dieses Wissen bei der Arbeit mit jungen Bäumen einsetzen können. Während alte Bäume viele Holzfehler verkraften, überlegen wir bei jungen oft genau: Lohnt es sich, einen Ast mit Höhlung zu erhalten – etwa um die ökologische Vielfalt zu fördern? Natürlich nur, wenn wir ihn auch verkehrssicher gestalten können.
Ich habe meinen Abschluss als Forsttechniker in Sopron gemacht und landete bald darauf in Budapest. Ich begann in einem der Stadtparks zu arbeiten – wie sich herausstellte, ist in der Hauptstadt jede Person mit forstlicher oder gärtnerischer Ausbildung heiß begehrt. Als Angestellter habe ich bei den größten Unternehmen für Baum- und Parkpflege in Budapest gearbeitet. Diese Zeit hatte viele Vor- und auch Nachteile.
Es wurde mir schnell klar, dass ich langfristig in der Baumpflege arbeiten wollte – und das so gut wie möglich. Ich habe mich vollkommen in diesen Beruf verliebt. Oft habe ich abends auf der Terrasse meine Seile geknotet und mir jedes Video zum Thema Baumklettern angesehen, das ich online finden konnte – immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen. Im Netz stieß ich auf internationale Baumpflegeprofis, deren Arbeit ich auf allen möglichen Plattformen zu verfolgen begann. Ich beobachtete genau, wie sie arbeiten, was sie tun und warum.
Parallel dazu habe ich viele Kursen besucht und an jedem Arbeitsplatz Kollegen kennengelernt, von denen ich viel lernen konnte. Leider haben die großen Firmen gute Fachkräfte kaum geschätzt.
Ich wollte mich weiterentwickeln, lernen, mit hochwertigem Equipment arbeiten – und einfach nicht stehen bleiben. Da das in diesem Rahmen nicht möglich war, habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.
Am Anfang habe ich auch viele Baumfällungen übernommen – nicht für jedes Problem gab es eine andere Lösung. Und wenn es doch eine gab, musste ich erst lernen, wie ich das auch richtig kommuniziere.


Fun Fact: Meinen ersten Helm haben wir mit einem Weihnachtsgutschein bezahlt, und eine Zeit lang habe ich die Wurfgewichte sogar selbst genäht, um Kosten zu sparen.
Bis heute ist das Reinvestieren ein fester Bestandteil unserer Arbeit: Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem All-inclusive-Urlaub auf Mallorca und einem DMM-Kinisi-Baumklettergurt, würde ich ohne zu zögern den Klettergurt nehmen. Oder besser gesagt – ich habe ihn schon. :D
Ich bin tief in das internationale Ausbildungssystem für Baumpfleger eingetaucht, und parallel dazu haben wir begonnen, Inhalte über unsere Arbeit zu erstellen.
Die "Warum"-Fragen begannen sich zu klären – ich entdeckte immer mehr großartige Techniken, erweiterte mein Fachwissen und arbeitete mich Schritt für Schritt zu besserem Werkzeug vor.
Nach dem Abschluss der SKT-A-Ausbildung (Baumpflege mit Handsäge) und der SKT-B-Ausbildung (Baumpflege mit Motorsäge und Baumfällung im Baum) sowie mehreren Jahren praktischer Erfahrung konnte ich 2021 endlich die lang ersehnte ETW-Zertifizierung (European Tree Worker) am Arbor Technical Institute Kreitl in Österreich erwerben.
Ich hätte nie gedacht, dass es mir einmal so viel Spaß machen würde, über Büchern und Notizen zu sitzen – aber genau das ist passiert, als ich mich auf die Prüfung vorbereitet habe.
Es war einfach schön, etwas zu lernen, das mich wirklich interessiert und für das ich so viel Leidenschaft empfinde.
Ich habe intensiv gelernt und nach vielen Jahren sogar wieder eine Knospensammlung angelegt – diesmal von städtischen Baumarten.
Seitdem verfolgen mich Metasequoia glyptostroboides sogar in meinen Träumen. :D
Noch ein Fun Fact: Meine Frau hat für mich eine ganze Reihe von Übungstests zusammengestellt. Der härteste war eine scheinbar endlose Prüfung: Ich hatte maximal drei Stunden Zeit, um alles zu bearbeiten, musste dabei eine Schnittschutzhose tragen (und wer so eine schon mal anhatte, weiß – bequem ist sie wirklich nicht :D)
Und das Schwierigste kam zum Schluss – als ich schon ziemlich müde war.
Nach all dem sagte meine Frau zu mir: "Wenn du unter den härtesten Bedingungen übst und trotzdem alles richtig machst, brauchst du vor der eigentlichen Prüfung keine Angst zu haben."
Und sie hatte recht. Die Prüfung lief ziemlich gut – und ich habe sogar ein paar Komplimente bekommen. :)


Wir versuchen, unsere Arbeit auf immer mehr Plattformen zu zeigen – dabei stellen wir Bäume vor und erzählen interessante Fakten und kleine Eigenheiten rund um sie.
Gleichzeitig wollten wir auch die Schönheit dieses Berufs an die jüngere Generation weitergeben – und so entstand die Idee, ein Kinderbuch zu schreiben. Rund ein Jahr lang haben wir daran gearbeitet. Das Ergebnis ist sicher nicht perfekt – ich bin schließlich kein Schriftsteller – aber vielleicht hat das Buch seinen Zweck erfüllt: Immer mehr Kinder erfahren, dass es den Beruf der Baumpflege überhaupt gibt. Und wenn es ihn gibt – warum sollten sie es nicht auch selbst einmal versuchen?
Das Buch wurde ins Deutsche übersetzt, und es erschien sogar ein Artikel darüber in der Fachzeitschrift Kletterblatt – worauf ich besonders stolz bin.
In letzter Zeit erhalte ich immer häufiger Einladungen, in ganz Ungarn Vorträge über Baumpflege zu halten.
Es ist eine echte Herausforderung, diese Präsentationen für alle Teilnehmenden spannend und ansprechend zu gestalten.
Das Feedback und die Fragen aus dem Publikum helfen mir dabei enorm – sie zeigen, welche aktuellen Themen wirklich interessieren und worüber es sich lohnt, intensiver zu sprechen.
Bei der Baumpflege versuche ich immer, die Ursachen hinter bestimmten Entwicklungen zu verstehen. Jede Wuchsauffälligkeit hat ihren Grund – und sobald wir diesen erkannt haben, geht es nicht darum, dem Baum eine radikale Maßnahme "aufzuzwingen", sondern ihn gezielt zu unterstützen und gleichzeitig mit unseren Eingriffen für Sicherheit zu sorgen. Ich liebe diese Komplexität – sie fordert mich immer wieder heraus, weiterzulernen. Ich verfolge auch die Arbeit internationaler Kolleg:innen, von denen viele glücklicherweise regelmäßig Einblicke in ihre spannendsten Projekte teilen.
Ich werde nie alles über Bäume wissen – es wäre töricht, etwas anderes zu behaupten. Aber das ist auch gut so! Es bedeutet, dass unser Wissen über Bäume täglich wächst. Immer mehr Menschen forschen an ihnen, und es entstehen immer mehr Studien, Vorträge und Fachartikel.
Unsere Aufgabe ist es einfach, auf dem neuesten Stand zu bleiben und uns nicht davor zu scheuen, unsere bisherigen Pflegemethoden bei Bedarf zu hinterfragen. Wachstum ist essenziell, und das erfordert, dass wir uns von veralteten Gewohnheiten verabschieden und nach neuen Ansätzen suchen. Denn wenn wir das Beste für unsere Bäume wollen, führt kein Weg daran vorbei.
Das Klima verändert sich, die Schnittanleitungen, die vor Jahrzehnten geschrieben wurden, sind mittlerweile veraltet. Das Argument "So haben wir es immer gemacht" ist nicht mehr akzeptabel. Wir müssen uns anpassen und Lösungen für neue Herausforderungen finden. Mit dieser Denkweise arbeiten wir jeden Tag.
